KONVEX2000 / Konvektionsexperiment 2000

  • Contact: Prof. Dr. Ch. Kottmeier
  • Project Group: IMK-TRO
  • Funding: FZK

Konvektionsexperiment 2000 (KONVEX 2000)   Prof. Dr. Ch. Kottmeier, Dr. U. Corsmeier

Übersicht
In zwei zehntägigen Zeiträumen im Mai und Juni 2000 fand in einem Messgebiet im Kraichgau und Rheintal ein Messprogramm zur Untersuchung von Konvektion in der unteren und mittleren Troposphäre (bis 5 km Hoehe)statt. Es diente vor allem der hochauflösenden Messung der konvektiven Bewegungsvorgänge, der Aufnahme des Temperatur- und des Feuchtefeldes in Konvektionszellen sowie der Bestimmung des turbulenten Austauschs von Impuls, Energie und Spurengasen. Mit dem Forschungsflugzeug Do 128 der Universitaet Braunschweig  wurden Messungen in einzelnen Konvektionszellen und für ganze Wolkenfelder durchgeführt. Die Anfangsphase dient der Erprobung und Kalibrierung neuer Messgeräte fuer luftchemische Messungen. Zusaetzlich wurde Radiosondenaufstiege, bodennahe Messungen der turbulenten Fluesse und Strahlungsbilanz sowie indirekte Messungen mit einem Wind-Temperatur-Radar durchgefuehrt. Weiterhin werden mit einer flugzeuggetragenen Messkamera die Schäden im Waldbestand des westlichen Schwarzwaldes aufgenommen, die durch den Orkan Lothar am 26.12.1999 verursacht wurden.   

Ziele und Durchfuehrung

1 Kalibrationsflüge
 Die Erfahrungen mit Spurenstoffmessungen im Flugzeug haben gezeigt, dass sich verschiedene Systemeigenschaften von Spurenstoffsensoren am sichersten durch Flugmessungen bestimmen lassen. Hierzu zählen die Zeitkonstanten und Querempfindlichkeiten zu anderen Größen, z.B. die Wasserdampfabhängigkeit der Ozonmessung. Da das Ziel der Spurengasmessungen unter anderem die Bestimmung turbulenter Flüsse von Ozon und Kohlendioxid ist, ist die Genauigkeit und die Kenntnis des zeitlichen Verhaltens der Gasanalysatoren bei kleinräumigen Schwankungen der Gase besonders wichtig. Deshalb wurde eine Vielzahl von Durchfluegen durch definierte Abluftfahnen industrieller Emittenten durchgefuehrt und die Geraeteeigenschaften bei verschiedenen Temperaturen und Flughoehen ermittelt.  

2 Struktur flacher und hochreichender konvektiver Zellen

Hochreichende Konvektionszellen unterscheiden sich von turbulenten Strukturen bei flacher Konvektion - ausser durch ihre Höhe - durch ihren größeren Durchmesser, ihre längere Lebensdauer, höhere Vertikalgeschwindigkeiten und durch laengerwellige Bewegungsformen. Durch die Messungen soll unter anderem geklärt werden, ob die Verbreiterung des Spektrums mit einer Reduktion der spektralen Energiedichten bei den konvektiven Skalen nach dem Konzept des Wachstums bestimmter Moden (Eigenformen) verbunden ist. Das ,,Aufwind im Aufwind?? - Konzept (`bubble in a bubble´) geht stattdessen davon aus, dass die großen Turbulenzwirbel aus einer größeren Zahl kleinerer Wirbel bestehen. Es war das Ziel der Messungen, alle relevanten Skalen der Konvektionsstruktur durch Messungen zu erfassen. Die zeitliche Entwicklung lässt sich aus der Verfolgung der Zellen mittels Kamera- und Radardaten bestimmen. Die Ausdehnung der Wirbel und das Spektrum der turbulenten Fluktuationen ergibt sich aus den Flugzeugtraversen und aus  Fallsondenmessungen. Die Temperaturunterschiede zwischen dem Wolkeninneren und der Umgebung resultieren ebenfalls aus diesen Messungen. Sie sind für die wirkenden Auftriebskräfte maßgeblich und sind Grundlage der thermodynamischen Analyse der Konvektion im Tagesgang.

Trotz ähnlicher Abmessungen, Bewegungsabläufe und zeitlicher Entwicklungen unterscheiden sich benachbarte Konvektionszellen erheblich. Es war infolgedessen notwendig, Messungen bei bestimmten Randbedingungen sowohl für eine ausreichende Zahl von Zellen als auch für jede Zelle getrennt zeitnah in mehreren Höhen durchzuführen, so dass abgeleitete Größen mit ausreichender statistischer Sicherheit bestimmt werden. Dies gilt besonders für die Kovarianzen der Feuchte-, Temperatur, Ozon-, und Kohlendioxidfluktuationen mit Vertikalwindfluktuationen, da diese die turbulenten Vertikalflüsse repräsentieren. Die Windmessungen mit dem Wind-Temperatur-Radar und die Radiosondenaufstiege unterstützen die Dokumentation der tageszeitlichen Entwicklung der Konvektion. Die bodennahen Messungen der Energiebilanz liefern die Randbedingungen am Erdboden.

Besonders guenstige  Messbedingungen wurden an zwei Tagen zur Untersuchung von Cumuluskonvektion angetroffen, an denen insgesamt auch 42 Fallsonden abgeworfen und wieder geborgen werden konnten. An einem weiteren Messtag konnte detailliert vermessen werden, wie in einer isolierten Cumulus congestus Wolke ueber dem Schwarzwald belastete Luft aus dem Rheintal bis in ueber 4 km Hoehe transportiert wurde.  

3 Spurenstofftransporte
Dynamische und thermische Instabilitäten führen in der freien Troposphäre zur Ausbildung von Turbulenz und konvektiver Bewölkung. Mit der Turbulenz eng verknüpft sind lokale Transporte von Impuls, Wärme, Feuchte und Ozon. Innerhalb von Wolken mit vorwiegend vertikaler Erstreckung sind die turbulenten Transporte häufig besonders groß, während sie in der umgebenden wolkenfreien Luft eher gering sind. Speziell der vertikale Ozontransport zwischen dem Tropopausenniveau und dem Boden soll zu einem maßgeblichen Teil über Turbulenz in Wolken abgewickelt werden.

Ziel der Messungen war es, (a) die Unterschiede zwischen Turbulenz in Wolken und der die Wolken umgebenden wolkenfreien Luft hinsichtlich ihrer Wirkung auf die turbulenten Flüsse von Impuls, Wärme, Feuchte und Ozon zu untersuchen und (b) die Transporte der Spurenstoffe Wasserdampf und Ozon, innerhalb der Grenzschicht und zwischen der Grenzschicht und der freien Atmosphäre, zu erfassen. Insbesondere unterscheidet sich der Vertikaltransport von Ozon aus der freien Atmosphäre in die Grenzschicht und zum Boden hin sich deutlich von den Bereichen , in denen eine gut ausgebildete Inversion als Sperrschicht fungiert und einen intensiven Austausch unterbindet. Ziel ist es, aus den abgeleiteten Daten den vertikalen O3 -, NOx- und CO-Transport in und um Wolken zu ermitteln.

4 Aufnahme von Sturm-Waldschäden
Am 26.12.1999 wurden viele Waldgebiete in Frankreich und Südddeutschland durch den Orkan ,,Lothar'' stark geschädigt. Erste Schätzungen für Baden-Württemberg gehen von einem Schadensumfang von 5 % des Gesamtbaumbestandes aus. Die direkten und indirekten Folgeschäden führten zu langfristigen Ausfällen der Stromversorgung und zu Blockierungen von Verkehrswegen.

Die Orographie beeinflusst das Windfeld dahingehend, das in verschiedenen Bereichen eine Erhöhung und in anderen Gebieten eine Minderung der Strömungsgeschwindigkeit bewirkt wird. In Abhängigkeit von der orographischen Gegegebenheiten und der meteorologischen Situation kommt es zu einer Überströmung mit überhöhten Geschwindigkeiten in den Hochlagen, zu einer Umströmung mit erhöhten Geschwindigkeiten an den Bergflanken oder zu einer Kanalisierung in Tälern. In Abhängigkeit davon und modifiziert durch die Standortbedingungen (Wurzeltiefe, Baumarten, Bestandsdichte) ergibt sich ein räumlich stark differenziertes Schadensbild.

Im Rahmen einer Befliegung mit einem Scannersystem wurden im noerdlichen Schwarzwald die Waldschäden detailliert aufgenommen. Es kam ein Linescanner des Alfred Wegener Instituts fuer Polar- und Meeresforschung mit 3 Spektrakanaelen zum Einsatz. Die Lage der Bildpunkte am Boden ergibt sich aus einer aufwendigen Korrekturrechnung, in die Flugzeuglagewinkel, digitale Hoehendaten und die geometrischen Eigenschaften der Kamera eingehen. Aus dem Schadensbild aus einer Region von 5000 Quadratmetern Groesse bei einer Bildpunktaufloesung am Boden von ca. 2 Quadratmetern werden nun am Forschungszentrum Karlsruhe die orographischen Einflüsse im Schwarzwaldgebiet auf die Strömungssituation genau untersucht und bewertet.