Federwolken ohne Zahl…
Im Rahmen der durch den Flugverkehr initiierten atmosphärischen Prozesse spielt die Entstehung von Kondensstreifen aus der Abgasfahne von Flugzeugen eine herausragende Rolle, da hierbei eine neue, vollständig künstliche Art hoher Wolken erzeugt wird. Die Bedeutung von Kondensstreifen und durch die Luftfahrt erzeugte Bewölkung hinsichtlich ihres Einflusses auf die atmosphärischen Strahlungsflüsse ist noch immer Gegenstand der Forschung und daher mit Unsicherheiten behaftet. Im Rahmen der Dissertation von Simon Gruber wurde das hochauflösende regionale numerische Modell COSMO-ART, welches auch Anwendung in der operationellen Wettervorhersage findet, um eine Parametrisierung erweitert, die es erlaubt, sowohl die Entstehung, als auch den Lebenszyklus von Kondensstreifen und Kondensstreifenzirren zu berechnen. Ein Zweimomentenschema für die Wolkenmikrophysik, erweitert um eine separate Klasse für Kondensstreifeneis, beschreibt diesen Lebenszyklus. Dies ist notwendig, um eine bessere Beschreibung der in Kondensstreifen auftretenden hohen Eiskristallanzahlkonzentrationen zu erreichen. Der zugrundeliegende Satz an Eingabedaten enthält räumlich und zeitlich hochaufgelöste Flugtrajektorien über Zentraleuropa und ist von Echtzeitdaten abgeleitet. Die Parametrisierung stellt damit flugzeugtypabhängige Quellterme für Eismasse und -anzahl in Kondensstreifen bereit. Um den Einfluss von Kondensstreifen und Kondensstreifenzirren auf die kurzwelligen Strahlungsflüsse an der Erdoberfläche zu untersuchen, wurde eine Fallstudie durchgeführt. Diese Arbeit, die gemeinsam mit dem DLR durchgeführt wurde, stellt den ersten Ansatz dar, die Lücke zwischen hochaufgelösten Grobstruktursimulation und Klimastudien zu schließen. Ein besonderer Fokus liegt auf der Demonstration, dass sich die Wettervorhersage hinsichtlich der Berechnung hoher Bewölkung und den resultierenden Strahlungsflüssen verbessert, wenn Kondensstreifen und Kondensstreifenzirren berücksichtigt werden. Dies befähigt das Modell, hohe Wolken zu simulieren, die andernfalls fehlen. Der Effekt der zusätzlichen Bewölkung bewirkt eine Reduzierung sowohl der einfallenden solaren Einstrahlung am Boden, als auch Energieproduktion mittels Photovoltaik um bis zu 10 %.
Ansprechpartner: Dr. Simon Gruber, Dr. Bernhard Vogel
Gruber, S., Unterstrasser, S., Bechtold, J., Vogel, H., Jung, M., Pak, H., Vogel, B. (2018): Contrails and their impact on shortwave radiation and photovoltaic power production - a regional model study, Atmos. Chem. Phys., 18, 6393-6411, Dokument