Prozess-orientiertes Verstehen von Wettervorhersagefehlern
Trotz kontinuierlicher Verbesserungen der numerischen Wettervorhersagen treten immer wieder schwere Vorhersagefehler auf, die weiträumige Gebiete betreffen. In Europa sind derartige Fehlvorhersagen mit Fehlern in der Vorhersage der großräumigen Strömung über dem Atlantik verbunden. Ein Beispiel einer solchen Fehlvorhersage, und wie sich diese auf die Vorhersage der 2m Temperatur über Europa auswirkt, ist in Abbildung 1 gezeigt. In der 6-Tages-Vorhersage vom 7. März 2016 waren für große Teile West- und Mitteleuropas zu hohe Temperaturen, im Balkan und Italien hingegen zu niedrige Temperaturen vorhergesagt (Abbildung 1; in Mitteleuropa stehen mehr Messwerte von Wetterstationen zur Verfügung, daher herrscht hier eine höhere Datendichte vor).
Diese Fehlvorhersage ist auf den Aufbau eines stationären Hochdruckgebiets über der Nordseeregion zurückzuführen – ein sogenanntes Blocking-Regime. Solche großräumigen Wetterregime dauern typischerweise mehrere Tage bis zu wenige Wochen an und beeinflussen das Wetter in ganz Europa. Daher ist es wichtig zu verstehen, warum numerische Modelle Schwierigkeiten haben die Lebenszyklen von Wetterregimen korrekt vorherzusagen.
In einer kürzlich erschienenen Studie [1] zeigen wir nun, dass Kondensationsprozesse, die mit einem „warm conveyor belt“ (WCB) eines außertropischen Tiefdruckgebietes verbunden sind, kleine Fehler im frühen Vorhersagestadium massiv verstärken und auf die großskalige Strömung übertragen. Dieses resultiert letztlich in der schweren Fehlvorhersage für ganz Europa zu späteren Vorhersagezeitpunkten.
Unsere Arbeitsgruppe „Großräumige Dynamik und Vorhersagbarkeit“ untersucht derzeit ob es sich hierbei um einen Einzelfall handelt, oder ob WCBs und andere Prozesse auf Wetterzeitskalen systematisch die Vorhersagbarkeit von Wetterregimen auf mittelfristigen und subsaisonalen Zeitskalen (10-30 Tage) erschweren. Dazu erforschen wir mit Hilfe von Reanalyse- und archivierten Vorhersagedaten, welche dynamischen Prozesse entscheidend Wetterregimelebenszyklen antreiben und wie diese Prozesse in den Vorhersagen repräsentiert sind. Dieses schließt auch die Frage ein wie langsamere Komponenten des Klimasystems, z.B. die Stratosphäre, die Ozeane, oder die Madden-Julian-Oszillation die Vorhersagbarkeit von Wetterregimen beeinflussen [2] und wie sich Wetterregime auf das Wetter in Europa auf subsaisonalen Zeitskalen auswirken [2,3].
Die Helmholtz Gemeinschaft fördert diese Forschungstätigkeit als Helmholtz Nachwuchsgruppe “Sub-seasonal Predictability: Understanding the Role of Diabatic Outflow” (SPREADOUT).
Link: Gruppe „Großräumige Dynamik und Vorhersagbarkeit“ http://www.imk-tro.kit.edu/7425.php
[1] C. M. Grams, L. Magnusson, and E. Madonna, An atmospheric dynamics‘ perspective on the amplification and propagation of forecast error in numerical weather prediction models: a case study. Quarterly Journal of the Royal Meteorological Society, in press, doi:10.1002/qj.3353 (2018).
[2] C. M. Grams, R. Beerli, S. Pfenninger, I. Staffell, H. Wernli, Balancing Europe’s wind-power output through spatial deployment informed by weather regimes. Nature Climate Change. 7, 557–562, doi:10.1038/NCLIMATE3338 (2017).
[3] L. Papritz, C. M. Grams, Linking Low‐Frequency Large‐Scale Circulation Patterns to Cold Air Outbreak Formation in the Northeastern North Atlantic. Geophysical Research Letters. 45, 2542–2553, doi:10.1002/2017GL076921 (2018).