Langzeitliche Variabilität und serielles Clustering von schweren Gewittern in einem sich verändernden Klima (VarCluST)

  • Ansprechperson:

    M.Sc. M. Augenstein, Dr. S. Mohr, Prof. Dr. M. Kunz

  • Förderung:

    BMBF (ClimXtreme)

Das Projekt Langzeitliche Variabilität und serielles Clustering von schweren Gewittern in einem sich verändernden Klima (VarCluST) ist ein Teilprojekt des BMBF-Verbundprojekts ClimXtreme (Climate Change and Extreme Events). ClimXtreme ist ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördertes 3-jähriges Projekt. Im Modul A Physik und Prozesse geht es darum, einen umfassenden Überblick über die meteorologischen Extreme in Europa unter dem Einfluss des Klimawandels zu erhalten, wobei der Schwerpunkt auf dem Zeitraum ab dem 20. und 21. Jahrhundert liegt. Das Projekt konzentriert sich insbesondere auf eine verbesserte Bewertung von extremen Wetterereignissen in Mitteleuropa in einem sich verändernden Klima. Die Bewertung umfasst Veränderungen in Häufigkeit, Schwere, räumlicher Verteilung und Dauer vergangener und zukünftiger Stürme, hohe Niederschlagsereignisse, Sommertrocken-/Heißperioden und konvektive Gefahren. Das Ziel ist es, die relevanten Kausalmechanismen zu verstehen und zu quantifizieren und diese in Klimamodellen zu validieren, um die Unsicherheit bei zukünftigen Prognosen zu verringern.

Das Teilprojekt VarCluST hat zum Ziel, schwere Gewitterstürme (engl. Severe convective storms; SCS) in Europa mit großräumigen atmosphärischen Prozessen zu verknüpfen und den Einfluss dieser Prozesse auf die jährliche Variabilität von SCS sowohl in der Vergangenheit als auch in der Zukunft genauer zu untersuchen. Weiterhin soll erforscht werden, wie beobachtete Cluster von SCS auf Skalen von mehreren Tagen bis Wochen (bezeichnet als serielles Clustering) durch groß-skalige Mechanismen bestimmt werden. Das Wissen über diese Mechanismen ist noch unzureichend, aber Voraussetzung für die Schätzung belastbarer Aussagen über langfristige Veränderungen und Trends in der Gewitterhäufigkeit.

Zwei wesentliche wissenschaftliche Fragestellungen sollen in VarCluST beantwortet werden:

1. Welche groß-skalige Prozesse (z.B. Telekonnektionsmuster oder bestimmte Wetterlagen wie atmosphärisches Blocking) haben einen Einfluss auf die hohe beobachtete jährliche Variabilität der SCS in der Vergangenheit und mit welchen Änderungen in der Gewitterhäufigkeit und der hierfür relevanten Prozesse muss in der Zukunft gerechnet werden?

2. Welche atmosphärische Mechanismen beeinflussen das überdurchschnittlich gehäufte Auftreten von SCS innerhalb weniger Tage bis zu mehreren Wochen (serielles Clustering)?

Zunächst wird in dem Projekt ein Ereignisdatensatz von SCS erstellt, der auf Blitzdaten und Overshooting Tops (OT) Daten beruht. Letzteres beschreibt das konvektive “Überschießen” von Gewitterwolken – aufgrund des starken Aufwindbereiches in solchen Systemen – in die Tropopausenregion (ca. 12 km) hinein und kann sehr gut mittels Satellitenbildern detektiert werden. Anhand dieses Ereignisdatensatzes wird anschließend durch eine geeignete Kombination verschiedener für die Gewitterbildung relevanter meteorologischer Parameter ein Index für SCS entwickelt, der auf Klimamodelle übertragen werden kann, da derzeit selbst hochauflösende regionale Klimamodelle nicht in der Lage sind, Gewitter zuverlässig darzustellen. Dieser Index wird dann auf ein Reanalysedatensatz angewendet, wodurch die statische Analyse von Zeitreihen möglich wird, die länger als direkte Beobachtungszeitreihen (Blitz/Satellit) sind (40 statt 20 Jahre). Lange Zeitreihen sind vor allem relevant, um Zusammenhänge zu niederfrequenten Variabilitätsmodi des Klimasystems (z.B. Telekonnektionsmuster), statistisch untersuchen zu können, die für die jährliche oder mehrjährige Variabilität der konvektiven Aktivität relevant sind. So haben bereits vergangene Arbeiten am KIT gezeigt, dass bestimmte Telekonnektionen das Auftreten der Gewitteraktivität in bestimmten Regionen von Europa beeinflussen können. Beispielsweise beobachtete Piper et al. (2019), dass während den negativen Phasen der Ostatlantische Oszillation (engl. East Atlantic Pattern, EA) in vielen der untersuchten europäischen Regionen mit einer signifikanten Reduktion der Gewitteraktivität zu rechnen ist (siehe Abb.).

Für die zweite übergeordnete Fragestellung werden unter anderem spezifische Wetterlagen, die für serielles Clustering der SCS verantwortlich sind, statistisch untersucht. So wurde bereits von Mohr et al. (2019) ein Zusammenhang zwischen konvektiver Aktivität und einer blockierenden Wettersituation über der Ostsee beobachtet. Blockinglagen haben zudem gezeigt, dass Sie mitverantwortlich für die ungewöhnliche Häufung von Gewitterereignissen über mehrere Wochen sein können (Piper et al., 2016; Mohr et al., 2020). Hier sollen noch weitere groß-skalige Einflussfaktoren identifiziert werden.

Abschließend werden die gewonnenen Erkenntnisse auf ein Ensemble aus verschiedenen Klimasimulationen übertragen, um die Wahrscheinlichkeit und Persistenzen von SCS und SCS relevanten groß-skaligen Prozessen in der Zukunft abschätzen zu können.

Literatur:

Mohr, S., Wandel, J., Lenggenhager, S., and Martius, O. (2019): Relationship between atmospheric blocking and warm season thunderstorms over western and central Europe, Q. J. R. Meteorol. Soc., 145, 3040–3056, https://doi.org/10.1002/qj.3603.

Mohr, S., Wilhelm, J., Wandel, J., Kunz, M., Portmann, R., Punge, H. J., Schmidberger, M., and Grams, C. M. (2020): The role of large-scale dynamics in an exceptional sequence of severe thunderstorms in Europe May/June 2018, Weather Clim. Dynam. Discuss., https://doi.org/10.5194/wcd-2020-1.

Piper, D., Kunz, M., Ehmele, F., Mohr, S., Mühr, B., Kron, A., and Daniell, J. (2016): Exceptional sequence of severe thunderstorms and related flash floods in May and June 2016 in Germany. Part I: Meteorological background, Nat. Hazards Earth Syst. Sci., 16, 2835–2850, https://doi.org/10.5194/nhess-16-2835-2016.

Piper, D. A., Kunz, M., Allen, J. T., and Mohr, S. (2019): Investigation of the temporal variability of thunderstorms in Central and Western Europe and the relation to large-scale flow and teleconnection patterns, Q. J. R. Meteorol. Soc., 145, 3644–3666, https://doi.org/10.1002/qj.3647.
 

Abb.: Relative Abweichung der monatlichen Anzahl von Gewittertagen zwischen 2001 und 2014 während der negativen Phase der East Atlanic Pattern (links) und der zugehörigen statistischen Signifikanz (rechts, Bootstrap-Tests mit Si = 95 % in grün, Si = 90 % in gelb und Si < 90% in rot; Piper et al., 2019).