Wie würde eine aktuelle Hitzewelle in einer wärmeren Welt aussehen?

Storyline-Simulationen zeigen eine stärkere Zunahme der maximalen Temperatur während der Hitzewelle im Juli 2019 im Vergleich zur entsprechenden mittleren globalen Erwärmung.

Wie würde sich eine Hitzewelle, wie wir sie in der jüngsten Vergangenheit erlebt haben, in einem wärmeren Klima entwickeln? Im Rahmen des Innovationspool Projekts SCENIC (https://earthenvironment.helmholtz.de/changing-earth/innopool-projects/scenic/) haben Wissenschaftler des IMKTRO und des AWI gemeinsam eine Methode entwickelt, um die Entwicklung der Hitzewelle im Juli 2019 über Westeuropa im Kontext verschiedener Klimaszenarien darzustellen. Dazu wurde die Position des obertroposhärischen Strahlstroms (jet stream) während der Hitzewelle, basierend auf ERA5-Reanalysen, in ein globales Klimamodell (AWI-CM-1.1-MR) eingebettet, jedoch mit einem global wärmeren Klima von z. B. +4 Kelvin (K) simuliert. Auf Grundlage der globalen Simulationen wurden in einem weiteren Schritt regionale Simulationen der Hitzewelle 2019 mit höherer Auflösung über Europa (12 km) bzw. Zentraleuropa (3 km) unter Zuhilfenahme des ICON-CLM erzeugt (Abbildung 1).

Abbildung 1. Simuliertes Tagesmaximum der Temperatur am 25. Juli 2019 im heutigen sowie +3K bzw. +4K wärmeren Klima (a,c,e) über Europa bei 12 km horizontaler Auflösung und (b,d,f) mit Fokus über Deutschland bei 3 km horizontaler Auflösung.

Diese Methode, auch als Storyline-Ansatz bezeichnet, wird in der Klimawissenschaft immer häufiger angewendet (Shepherd, 2018). Eine neue Studie von Klimiuk et al. (2025) schätzt, dass in einigen Gebieten die täglichen Höchsttemperaturen um bis zu +3 K pro Grad globaler Erwärmung steigen könnten. Dies würde bedeuten, dass die während der Hitzewelle im Jahr 2019 erreichten Höchsttemperaturen von 38 °C in einer  +4 K wärmeren Welt (was in dem verwendeten Klimaszenario dem Jahr 2095 entsprechen würde) zu Höchstwerten von bis zu 46 °C führen könnten.

Zudem wird in der Studie festgestellt, dass die zukünftigen Erwärmungsraten über den im Juli 2019 wärmsten Gebieten begrenzt sind: Die wärmsten Regionen Frankreichs, in denen am 25. Juli 2019 bis zu 41 °C erreicht wurden, erwärmen sich nur um etwa +2 K pro Grad globaler Erwärmung. Das bedeutet, wenn diese Hitzewelle 2019 im Jahr 2095 eintreten würde,  würden die Höchstwerte ebenfalls auf 46 °C steigen.

Der Sommer 2019 ist nur einer aus einer Reihe von heißen und trockenen Sommern, die im Rahmen des SCENIC-Projekts modelliert wurden. Der gesamte Zeitraum von 2018 bis 2022 wurde unter Annahme  des vorindustriellen, des heutigen, sowie eines +2 K, das +3 K und +4 K wärmeren Klimas simuliert. Mit Hilfe dieses Datensatzes können in einem weiteren Schritt die Auswirkungen der globalen Erwärmung auf unterschiedliche Sektoren wie zum Beispiel der Hydrologie, Landwirtschaft oder Gesundheit  abgeschätzt und den jeweiligen Interessenvertretern kommuniziert werden. Eine erste auf Storyline-Simulationen basierende Studie zu den Auswirkungen der globalen Erwärmung auf Ernteerträge in Europa wurde bereits durchgeführt (Martin et al., 2025). Darin wird gezeigt, dass die Intensität und der genaue Zeitpunkt der Hitzewelle größere Auswirkungen auf die Ernteerträge haben, als die mittlere globale Erwärmung an sich.

Referenzen:

Shepherd, T. G., Boyd, E., Calel, R. A., Chapman, S. C., Dessai, S., Dima-West, I. M., Fowler, H. J., James, R., Maraun, D., Martius, O., Senior, C. A., Sobel, A. H., Stainforth, D. A., Tett, S. F. B., Trenberth, K. E., van den Hurk, B. J. J. M., Watkins, N. W., Wilby, R. L., and Zenghelis, D. A. (2018) Storylines: an alternative approach to representing uncertainty in physical aspects of climate change, Clim. Change, 151, 555–571, https://doi.org/10.1007/s10584-018-2317-9.

Klimiuk, T., Ludwig, P., Sanchez-Benitez, A., Goessling, H. F., Braesicke, P., and Pinto, J. G. (2025) The European summer heatwave of 2019 – a regional storyline perspective, Earth Syst. Dynam., 16, 239–255, https://doi.org/10.5194/esd-16-239-2025.

Lucia Martin, L., Smerald, A., Kiese, R,, Klimiuk, T., Ludwig, P., Sanchéz-Benítez, A., Goessling, H., and Scheer, C. (2025) The Vulnerability of European Agricultural Areas to Anthesis Heat Stress Increases with Climate Change, Environmental Research: Food Systems 2 (2): 025002. https://doi.org/10.1088/2976-601X/adb03d.