AIRflows – eine Revolution in der flugzeuggestützten Windmessung

Testflüge mit neuartigem Doppler-Lidar-System erlauben neue Einblicke in Talströmungen in den Alpen
Teaser_Gasch_doppelt.PNGPhilipp Gasch

Das neue AIRflows-System, installiert in der TUBS Cessna F406 (Rufzeichen D-ILAB). Die Haupteinheit enthält die fünf Doppler-Lidar Module, die Datenerfassungseinheit befindet sich links davon.

Der Wind ist die zentrale Variable der atmosphärischen Dynamik. Genaue Wettervorhersagen und ein besseres Verständnis der atmosphärischen Dynamik erfordern verbesserte Windinformationen, insbesondere innerhalb der turbulenten planetarischen Grenzschicht (PBL). Die Doppler-Lidar Technologie bietet fortschrittliche Möglichkeiten für die Fernerkundung des Windes mittels Laserstrahlung, auch für mobile Messungen von Flugzeugen aus. Flugzeuggetragene Doppler-Lidar Systeme (ADL) liefern gezielte und räumlich aufgelöste Windmessungen, die für die Untersuchung von lokalen Unwetterereignissen, Strömungssituationen mit hoher räumlicher Variabilität, z. B. in komplexem Gelände oder in unzugänglichen Regionen wie über Wasser, von entscheidender Bedeutung sind. Darüber hinaus „erweitert ADL die Fähigkeiten unseres mobilen KITcube-Beobachtungssystems und der Doppler-Lidar Messysteme, wodurch die Repräsentativität der bodengebundenen Messungen beurteilen werden kann“, sagt der wissenschaftliche Leiter des KITcube, Dr. Andreas Wieser (www.kitcube.kit.edu).

In den letzten zwei Jahren wurde am IMKTRO in Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen und industriellen Partnern ein neuartiges ADL-System – AIRflows (‚AIRborne fixed-beam lidar for wind measurements‘) – entwickelt. Bisherige ADL-Systeme verwenden ein einzelnes Doppler-Lidar Modul, das mittels eines Scanners Messungen der Radialwindgeschwindigkeit in verschiedene Blickrichtungen durchführt. Mehrere Blickrichtungen sind erforderlich, um den 3D-Wind aus den unidirektionalen Radialwindgeschwindigkeitsmessungen zu berechnen. Durch eine Reduzierung der Kosten und Größe von Doppler-Lidar Modulen in den letzten Jahren ist es jetzt erstmals möglich ein ADL-System zu konstruieren, das mehrere Lidar Module mit festen Blickrichtungen, anstelle eines einzelnen Lidar Moduls mit variabler Blickrichtung, verwendet. Die gleichzeitige Verfügbarkeit von mehreren Blickrichtungen bringt Vorteile: Simulationsergebnisse zeigen, dass ein System mit mehreren Blickrichtungen eine um etwa eine Größenordnung bessere räumliche Auflösung der Windmessung sowie eine höhere Genauigkeit im Vergleich zu bestehenden scannenden Systemen erreichen kann (Gasch et al., 2023).

Abb. 1: AIRflows Messungen des Vertikalwind (w) auf Flugabschnitten im Inntal, geflogen in Tallängs- und Talquer-Richtung. In den umgebenden Bergketten sorgen Überströmungseffekte der Bergkämme für Auf- und Abwinde. Die Atmosphäre innerhalb des Inntals ist ruhig mit geringem vertikalem Austausch. Über den als Vorhang gezeigten AIRflows-Messungen sind die in-situ-Messungen der TUBS Cessna F406 als dünne Linie dargestellt.

AIRflows setzt das Multi-Lidar Design um, indem es fünf kompakte und leichte Doppler-Lidar Module in einem System kombiniert. Es fliegt an Bord des Forschungsflugzeug Cessna F406 der TU Braunschweig (TUBS, https://www.tu-braunschweig.de/iff). Die Doppler-Lidar Module werden von der Firma Abacus GmbH (www.abacus-laser.com) gebaut und die Rack-Einheit sowie die Zulassung des Flugzeugs werden durch ASI Aviation (www.asi-group.fr) geliefert. AIRflows revolutioniert den Bereich der flugzeuggestützten Windmessungen, indem es die räumliche Auflösung um eine Größenordnung verbessert und eine höhere Messgenauigkeit bietet.

Die ersten AIRflows Messflüge wurden im Sommer 2024 erfolgreich abgeschlossen. „Erste Analysen zeigen Windprofile mit einer räumlichen Auflösung von 100 m, die es erstmals ermöglichen, kleinskalige 3D-Winde innerhalb der PBL aufzulösen“, sagt Dr. Philipp Gasch, der leitende Entwickler des neuen Systems vom IMKTRO.

Im Rahmen der ersten Tests wurden Flüge in die Alpen zur Vorbereitung der bevorstehenden internationalen TEAMx-Kampagne (www.teamx-programme.org) durchgeführt. AIRflows-Messungen über Alpentälern erlauben einen bisher unerreichten Einblick in den Vertikalwind (Abb. 1) und Talzirkulationen (Abb. 2) in komplexem Gelände.

Abb. 2: AIRflows Messungen der Windgeschwindigkeit (Vm) entlang der gleichen Flugabschnitte wie in Abb. 1. Der Vertikalwind aus Abb. 1 ist als Konturlinien dargestellt. Innerhalb des Inntals wird ein charakteristischer Talwind gemessen, der Wind weht in Talaufwärtsrichtung (nicht dargestellt). Oberhalb des Tals ist eine entkoppelte Strömung (aus südöstlichen Richtungen) zu erkennen, diese ruft die im Vertikalwind erkennbaren Überströmungseffekte der Bergkämme hervor. An den Schnittpunkten des Flugwegs ist trotz der zeitlichen Entwicklung der Strömung eine gute Übereinstimmung zwischen nachfolgenden Messungen erkennbar.

Anhand der ersten Daten können Flugrouten und Messstrategien für kommende Einsätze von AIRflows geplant und optimiert werden (https://www.teamx-programme.org/newsletters/).

Literatur

Gasch, P., Kasic, J., Maas, O., & Wang, Z., 2023: Advancing airborne Doppler lidar wind profiling in turbulent boundary layer flow–an LES-based optimization of traditional scanning-beam versus novel fixed-beam measurement systems. Atmospheric Measurement Techniques16(22), 5495-5523.