Wie warm conveyor belts die Hitzewelle 2021 in Nordamerika beeinflussten
Ende Juni 2021 trat im Westen Nordamerikas eine intensive Hitzewelle mit noch nie dagewesenen Temperaturextremen und weitreichenden sozioökonomischen und ökologischen Folgen auf [1,2]. In Lytton, einer Kleinstadt in der kanadischen Provinz British Columbia, wurde die bisherige Höchsttemperatur in Kanada um 5 K überschritten [3]. Es ist bekannt, dass die Wahrscheinlichkeit rekordverdächtiger Temperaturextreme in einem sich verändernden Klima zunehmen wird [4]. Dennoch war die extreme Temperaturanomalie dieses Ereignisses außerordentlich ungewöhnlich, selbst unter Berücksichtigung der aktuellen Klimaveränderungen [3]. Um Risiken solcher Extremereignisse frühzeitig entgegenzuwirken, ist der Vorhersagehorizont solcher Extremereignisse von entscheidender Bedeutung und es stellt sich die Frage, wie gut operationelle Wettervorhersagesysteme solche noch nie dagewesenen Ereignisse prognostizieren können.
Gemeinsames Interesse an diesem einschneidenden Extremereignis führte zu einer kooperativen Studie dessen Vorhersagbarkeit, die kürzlich in der Fachzeitschrift Geophysical Research Letters veröffentlicht wurde [1]. Expertise von Kollegen des Instituts für Meteorologie und Klimaforschung (IMK-TRO) und des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage (ECMWF) ermöglichte es, die Rolle stark aufsteigender Luftströme, sogenannter Warm Conveyor Belts (WCBs), für die Vorhersagbarkeit der anomalen Hitze besser zu verstehen.
Die Hitzewelle trat unterhalb eines umgangssprachlich genannten "Hitzedoms" auf, einem quasistationären Hochdrucksystem mit großer Amplitude und einem ausgeprägten obertroposphärischen Rücken über dem westlichen Nordamerika (Abb. 1a). Dies entspricht einer üblichen Strömungskonfiguration für Hitzewellen [5,6,7]. Unsere Studie zeigt, dass dieser Rücken eindeutig mit der Intensität der Hitzewelle verbunden war [1]. Rückwärtstrajektorien, die aus dem Höhenrücken gestartet wurden, zeigen, dass der Rücken kontinuierlich von Luftmassen aus der unteren Troposphäre beeinflusst wurde. Das Einfließen von Luftmassen aus der unteren Troposphäre in atmosphärische Rücken ist ein effektiver physikalischer Mechanismus zur Verstärkung von Höhenrücken [8,9]. Obwohl überdurchschnittlich hohe Temperaturen bereits auf sub-saisonalen Vorhersagezeitskalen von 2-3 Wochen prognostiziert wurden [10,11], konnte das extreme Ausmaß der Hitzewelle von operationellen Wettervorhersagemodellen mit Vorhersagezeitskalen von mehr als ∼7 Tagen nicht erfasst werden (Abb. 1b). Im Gegensatz dazu wurde die Temperatur um fast 15 K unterschätzt. Nur bei Vorhersagezeiträumen von weniger als 7 Tagen konnten die noch nie dagewesenen Temperaturen durch das Ensemble-Vorhersagesystem des ECMWF adäquat prognostiziert werden.
Um zu verstehen, was die Vorhersagbarkeit der extremen Hitze beeinflusste, wurden operationelle Ensemble-Vorhersagen des ECMWF für dieses Ereignis analysiert, welche insgesamt je 51 Einzelvorhersagen umfassen. Insgesamt wurden 765 einzelne Mittelfrist-Vorhersagen betrachtet, die innerhalb zwei Wochen vor dem Höhepunkt der Hitzewelle initialisiert wurden. Die Vorhersagen wurden in "gute" oder "schlechte" Vorhersagen eingeteilt, basierend auf ihrer Fähigkeit, den großräumigen Höhenrücken darzustellen. Innerhalb beider Gruppen wurden WCB Footprints mithilfe eines neuen Machine-Learning-Modells (ELIAS2.0) erkannt [12].
Eine detaillierte Analyse der WCB-Aktivität im Nordpazifik zeigt, dass WCBs während der zwei Wochen vor der Hitzewelle häufiger aufstiegen als sonst. Diese WCB-Luftströme interagierten mit dem obertroposphärischen Jetstream, was den sich aufbauenden Rücken in der oberen Troposphäre und die damit einhergehende anomale Hitze verstärkte. Diese einzelnen WCB-Aufstiegsepisoden wurden in "schlechten" Vorhersagen unzureichend dargestellt und unterschätzt (Abb. 2). Anfängliche Falschdarstellung des WCB Aufstiegs im Westpazifik (Abb. 2a) und dessen Interaktion mit dem Jetstream führte zu Fehlern im Rossby-Wellen Muster und dessen Entwicklung stromabwärts. Folglich wurde der stromabwärts gerichtete WCB-Aufstieg im Ostpazifik unterschätzt (Abb. 2b,c). Letztlich führte die fehlende WCB-Aktivität an der stromaufwärts gelegenen Flanke des Rückens zu einer falschen Darstellung und Unterschätzung der Position des Rückens (Abb. 2d), was die korrekte Vorhersage der extremen Hitze verhinderte. Diese Prozesskette wurde in "guten" Vorhersagen korrekt dargestellt, welche erst initialisiert wurden nachdem sich die Temperaturvorhersage abrupt verbessert (Abb. 1b). Im Gegensatz dazu wurden "schlechte" Vorhersagen zu früheren Zeitpunkten initialisiert, was auf das Vorhandensein einer mittelfristigen Vorhersagbarkeitsbarriere hinweist, d.h. Vorhersagen, die vor dieser Vorhersagbarkeitsbarriere initialisiert wurden, waren nicht in der Lage, die anomale Hitze korrekt vorherzusagen. Wir kommen zu dem Schluss, dass diese Kette von synoptischen Ereignissen über dem Nordpazifik für die Position des Höhenrückens entscheidend war und eine Vorhersagbarkeitsbarriere für das extreme Ausmaß der Hitzewelle darstellte.
Referenzen
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21.03..2023
Oertel, A., Pickl, M., and Grams, C. M. Working Groups: “Large-scale Dynamics and Predictability” and “Cloud Physics”
LINKS:
https://www.imk-tro.kit.edu/english/7425.php
https://www.imk-tro.kit.edu/english/5599.php