Künstliche Intelligenz für die Verifikation von Prozessen in Wettervorhersagemodellen
Physikalische Prozesse auf der Wetterzeitskala modulieren maßgeblich die großräumige Zirkulation in den mittleren Breiten. Insbesondere die am schnellsten aufsteigenden Luftströme in außertropischen Tiefdruckgebieten, sogenannte Warm Conveyor Belts (WCBs), haben einen großen Einfluss auf die Dynamik und sind Quellen von Vorhersageunsicherheiten. Daher ist eine korrekte Darstellung der WCBs in numerischen Wettervorhersage- und Klimamodellen wünschenswert. Üblicherweise werden WCBs mit Hilfe von Lagrangeschen Trajektorien identifiziert, deren Berechnung vergleichsweise rechenintensiv ist und Daten mit hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung erfordert. Daher fehlen bisher systematische Verifikationen der WCBs in Wettervorhersage- und Klimamodellen.
Ein Hauptziel der Helmholtz-Nachwuchsgruppe "Sub-seasonal Atmospheric Predictability: Understanding the Role of Diabatic Outflow" (SPREADOUT) am IMK-TRO ist es, statistische Verfahren zu entwickeln, die die Identifikation von WCBs ohne aufwendige Trajektorienberechnungen ermöglichen [1]. Kürzlich wurden sogenannte Convolutional Neural Network (CNN)-Modelle trainiert, um die Auftrittswahrscheinlichkeit von WCBs ohne Trajektorienberechnung vorherzusagen. Dazu wurde eine Kombination von meteorologischen Prädiktoren verwendet, die zum Einen physikalisch bedeutsam sind und zum Anderen routinemäßig in Prognosen von Wettervorhersagemodellen und Klimamodellprojektionen verfügbar sind. Die Validierung der CNN-Modelle gegen einen trajektorienbasierten Datensatz bestätigt, dass der deep-learning-basierte Ansatz die klimatologische Häufigkeit von WCBs sowie deren räumliche Struktur zuverlässig wiedergibt [2].
Mit ihren vergleichsweise geringen Rechenkosten ist die neue deep-learning-basierte Methode ideal geeignet, um WCBs in großen Datensätzen wie Ensemblevorhersagen oder Klimamodellprojektionen systematisch zu verifizieren. Darüber hinaus kann die Diagnose einfach auf verschiedene Vorhersagesysteme wie das ICON Wettervorhersagemodell (Abb. 1) angewendet werden, so dass Modellvergleiche in zukünftigen Studien möglich sind.Eine erste systematische Verifikation von WCBs in den sub-saisonalen bis saisonalen Vorhersagen des ECMWF zeigt, dass signifikante systematische Fehler in der Auftretenshäufigkeit von WCBs existieren (Abb. 2) und dass eine zuverlässige Vorhersage von WCBs nicht über 10 Tage hinaus möglich ist [3].
Insgesamt zeigt die neuartige Methode, wie deep-learning-basierte Ansätze eingesetzt werden können, um unser grundlegendes Verständnis von Prozessen auf der Wetterzeitskala zu verbessern und die Gründe für systematische Fehler in Wettervorhersage- und Klimamodellen herauszufinden.
Literatur:
[1] Quinting, J. F., and C. M. Grams (2021). Towards a systematic evaluation of warm conveyor belts in numerical weather prediction and climate models. Part I: Predictor selection and logistic regression model. Journal of Atmospheric Sciences, in revision.
[2] Quinting, J. F., and C. M. Grams (2021). Deep Learning for the Verification of Warm Conveyor Belts in NWP and Climate Models. Part I: Model development. In preparation.
[3] Wandel, J., J. F. Quinting, C. M. Grams (2021). Towards a systematic evaluation of warm conveyor belts in numerical weather prediction and climate models. Part II: Verification of operational reforecasts. Journal of Atmospheric Sciences, submitted.
Julian Quinting, Arbeitsgruppe “Großräumige Dynamik und Vorhersagbarkeit” LINK: https://www.imk-tro.kit.edu/7425.php