Das DACCIWA-Regensammlernetzwerk im südlichen Westafrika
Der Einsatz von Regensammlern hat eine jahrhundertelange Historie und ermöglicht die Beobachtung eines bedeutenden Klimaparameters sowohl in Wetterdiensten als auch in Forschungseinrichtungen. Neben der Aufzeichnung täglicher Niederschlagswerte erleichtern lange Datenzeitreihen von Regensammlern die Untersuchung der Niederschlagssensitivität unter sich ändernden Umgebungsbedingungen, ein wichtiger Aspekt mit Blick auf die steigenden globalen Mitteltemperaturen. Darüber hinaus erfüllen sie einen weiteren wichtigen Zweck im gegenwärtigen Satellitenzeitalter, nämlich als Validierungsgrundlage für die Niederschlagsfernerkundung. Trotz der vorteilhaften Fähigkeit von Satelliten, ein globales Niederschlagsbild zu liefern, kann die Qualität ihrer Daten nur durch den Vergleich mit direkten Bodenbeobachtungen beurteilt werden. Sind Satelliten in der Lage, Extremniederschläge zuverlässig für zeitnahe Überschwemmungswarnungen wiederzugeben? Zeigen Satellitendaten den gleichen klimatologischen Trend wie die Bodenmessungen? Für Westafrika sind diese und weitere Fragen heute und auch in Zukunft aus zweierlei Gründen von großer Bedeutung: Erstens erlebt diese Region einen der weltweit stärksten Zuwachsraten bezüglich der Bevölkerungszahl, Urbanisierung und Industrialisierung – bei einer gleichzeitig hohen Abhängigkeit von niederschlagsgetriebener Landwirtschaft und Wasserkraft in den jeweiligen Volkswirtschaften in Westafrika. Zweitens verschlechterte sich der Zustand von Regensammlernetzwerken in den letzten Jahrzehnten zusehends, teils aufgrund nicht ausreichender finanzieller Mittel, teils aufgrund mangelnden politischen Interesses. Eine Reihe internationaler Bemühungen strebten jedoch bereits nach einer Lösung dieses Problems.
Abb.1: Räumliche Verteilung der DACCIWA Regensammler in der Ashanti Region in Ghana (siehe Kartenausschnitt) links oben. Die roten Ziffern geben die Position der Regensammler wieder, ihre jeweilige Bezeichnung ist rechts oben aufgeführt. Daten aus den IMERG Gitterboxen, die mit den Daten der Regensammler verglichen werden, sind rötlich getönt. Der schwarz-weiß schattierte Hintergrund gibt die Orografie der Region wieder. Die Daten basieren auf dem Global Land One-km Base Elevation Project (GLOBE; Hastings et al. 1999). (Abb. 1 aus Maranan et al. (2020). © American Meteorological Society. Used with permission.
In den Jahren 2013-2018 koordinierte das KIT das internationale, von der EU finanzierte Projekt “Dynamics-aerosol-chemistry-cloud interactions in West Africa” (DACCIWA, https://www.imk-tro.kit.edu/10052.php), das die Auswirkungen natürlicher und anthropogener Emissionen sowohl auf die menschliche Gesundheit als auch auf die Dynamik der westafrikanischen Monsunzirkulation auf mehreren Raum-Zeit-Skalen untersuchte. Im Rahmen von DACCIWA begann im Sommer 2015 mithilfe von Mitarbeitern des KIT und der Kwame Nkrumah University of Science and Technology (KNUST) in Kumasi (Ghana) die Installation eines mesoskaligen Regensammlernetzwerks, das Ende desselben Jahres operationell in Betrieb genommen wurde. Das Netzwerk bestand aus 17 kostengünstigen, aber präzisen optischen Regensammlern, die den Niederschlag minütlich aufzeichnen und autark mithilfe eines Solarpanels und einer Batterie agiert. Dank der Zusammenarbeit mit der Ghana Meteorological Agency (GMET) konnten die Regensammler innerhalb der umzäunten Anlage von GMET-Wetterstationen platziert werden, was sowohl Sicherheit als auch zusätzliche Wartung gewährleistete. Insgesamt wurden die Regensammler in einem Umkreis von 80 km um Kumasi verteilt aufgestellt (s. Abb. 1) und ermöglichten im Lauf der Jahre die Messung von Niederschlag aus stratiformen Wolken bis hin zu intensiven mesoskaligen konvektiven Systemen (MCSs). Dank des engagierten Einsatzes der KNUST-Mitarbeiter und der laufenden finanziellen Unterstützung durch das KIT überdauern viele Regensammler das Ende des DACCIWA Projektes im November 2018 bis heute (s. Abb. 2).
Abb.2: Impression aus einer der umzäunten Regensammlerstation und der Datenbeschaffung durch einen KNUST-Mitarbeiter. Der eigentliche Regensammler (Vordergrund) ist mit einem Datenlogger verbunden, der unterhalb eines Solarpanels platziert ist.
In einer kürzlich erschienenen Veröffentlichung von Maranan et al. (2020) dienten Daten des Regensammlernetzwerks als Referenz für die Validierung des satellitengestützten und globalen Niederschlagsprodukts IMERG (Integrated Multi-satellitE Retrievals for GPM (Global Precipitation Measurement)), das von der National Aeronautics and Space Administration (NASA) bereitgestellt wird und als eines der zuverlässigsten Produkte seiner Art gilt. Als eine der ersten Studien für das südliche Westafrika untersuchte sie Beobachtungsgüte von IMERG auf einer halbstündlichen Zeitskala, die eine Evaluierung in Bezug auf verschiedenen Niederschlagstypen, wie z. B. der obengenannten MCSs, ermöglichte. Zu den wichtigsten Erkenntnissen zählt die Unterschätzung hoher Niederschlagsraten als auch eine Überschätzung der Niederschlagsdauer durch IMERG. Dies hat potenziell negative Auswirkungen auf den internen Kalibrierungsprozess in IMERG, dergestalt, dass extreme Regenraten abgeschwächt werden. Da dies die Bewertung potenzieller Überschwemmungslagen erschwert, ist eine Behebung dieses Problems ein wichtiger Aspekt für die Qualitätssicherung von IMERG.
In einem anderen zukünftigen, vom KIT geleiteten westafrikanischen Projekt FURIFLOOD (Current and future risks of urban and rural flooding in West Africa – An integrated analysis and eco-system-based solutions), das in die Förderinitiative WASCAL (West African Science Service Center on Climate Change and Adapted Land Use) eingebettet ist, wird eine Fortsetzung des Regensammlernetzwerks angestrebt, indem einige der bestehenden Regensammler durch technologisch fortgeschrittenere Instrumente ersetzt werden. Weiterhin ist geplant, die ersetzten Regensammler innerhalb einer IMERG-Gitterbox zu platzieren, um die kleinräumige Variabilität von Extremniederschlagsereignissen zu untersuchen und schlussendlich eine robuste Risikobewertung des Überschwemmungspotenzials für die westafrikanische Gemeinschaft zu erreichen.
Arbeitsgruppe: Atmosphärische Dynamik
Autoren: Marlon Maranan, Andreas Fink
Datum: 15. Mai 2020
Literatur:
Maranan, M., A.H. Fink, P. Knippertz, L.K. Amekudzi, W.A. Atiah, and M. Stengel, 2020: A Process-Based Validation of GPM IMERG and Its Sources Using a Mesoscale Rain Gauge Network in the West African Forest Zone. J. Hydrometeor., 21, 729–749, https://doi.org/10.1175/JHM-D-19-0257.1